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Interviews
Holy Dragons
Interview mit Jurgen Thunderson & Chris Caine
Auch in Zentralasien gibt es Metal, und zwar
klassischen Power/Speed Metal der gehobenen
Klasse. HOLY DRAGONS aus der kasachischen
Hauptstadt Almaty haben im europaischen
Underground bereits den einen oder anderen Fan
gefunden und sind nun mit ihrem Label Metalism
darauf aus, den hiesigen Markt zu knacken. Das
sollte ihnen mit dem sehr starken neuen Album
"Wolves Of Odin" durchaus gelingen, und
so war es definitiv an der Zeit die Band auch mit
einem Interview bei POWERMETAL.de zu
prasentieren. Da wir selten das Vergnugen haben,
mit einer Band aus dieser Region der Erde zu
sprechen, behandelt dieses Interview neben dem
musikalischen Aspekt auch eine Menge
geopolitischer Themen und Fragen zu den
gesellschaftlichen Entwicklungen in den ostlichen
Landern der ehemaligen Sowjetunion. Die beiden
Gitarristen Jurgen Thunderson und Chris Caine
hatten dazu eine ganze Menge zu erzahlen...
Rudiger:
Vorher kannte ich nur einige Horproben von eurer
Homepage, aber euer neues Album "Wolves of
Odin" ist das erste, das unsere Redaktion
erreicht hat, und ich muss sagen, dass es mir
wirklich gut gefallt. Wie zufrieden seid ihr
selbst mit dem Resultat, und wie seht ihr es im
Vergleich zu den alteren Scheiben?
Jurgen:
Offen gesagt, mir gefallt das Ergebnis. Das Album
ist sehr schnell, technisch stark und kraftvoll
geworden. Au?erdem konnte ich einige meiner Ideen
bezuglich des Gesamtsounds verwirklichen. Zum
Beispiel ist der Gesang nicht ganz so laut wie
man es heute gewohnt ist. Das Schlagzeug ist
etwas gedampfter und die Bassgitarre sehr
klangvoll und deutlich. Man kann sie mitsamt
allen Details klar heraushoren und das war sehr
wichtig fur dieses Album. Im allgemeinen wollten
wir den Sound stark an dem Stil der spaten
Achtziger anlehnen und ich denke, das ist uns gut
gelungen.
Chris:
Nun, ich mag das Resultat auch sehr gerne. Wei?t
du, es ist immer sehr interessant zu sehen, wie
sich ein Album durch die verschiedenen
Produktionsphasen hindurch verandert, bis
schlie?lich das Endergebnis vorliegt. Zunachst
hat man ein Skelett, bzw. nur die Knochen:
Melodien und Ideen. Dann kommen die Muskeln, die
Arrangements jedes Stuckes und zuletzt die Haut,
also die Texte. Was "Wolves of Odin"
angeht, ist das Resultat sehr eindrucksvoll. Wir
konnten alles umsetzen, was uns vorschwebte. Wenn
wir es mit den Vorgangern vergleichen, dann ist
das neue Album viel schneller und technisch
anspruchsvoller. Au?erdem hat es ein
geschlossenes Konzept, welches das ganze Album
umfasst. Der skandinavische Geist der alten
nordischen Legenden in Verbindung mit der
philosophischen Reflexion im Bezug zur Gegenwart
und den Geschehnissen der heutigen Welt aus dem
Blickwinkel dieser alten Sagen.
Rudiger:
Wenn ich mich recht entsinne, ist "Wolves Of
Odin" schon euer siebtes Album. Ihr seid
also schon sehr lange aktiv und dennoch liegt fur
die meisten unserer Leser eure Bandgeschichte
wohl eher im Dunkeln...
Wo liegen eure Anfange und wie war es mit den
Aufnahmen zu eurem Debut?
Jurgen:
Richtig, es ist unser siebtes vollstandiges
Album. Unsere Band entstand offiziell 1997, als
wir endlich unser erstes vollstandiges Line-Up
beisammen hatten und das zugehorige Album
aufnahmen. Wir fingen aber bereits 1995 an, unter
dem Namen HOLY DRAGONS unser erstes Demo
"Halloween Night" aufzunehmen, das
sechs bis sieben Songs enthielt, die wir spater
auf "Dragon Steel" ausgearbeitet haben.
Wenn wir noch weiter zuruckgehen, dann kann man
schon seit 1992 von einem Prototypen von HOLY
DRAGONS reden, der damals unter dem Namen AXCESS
unterwegs war. Damals traf ich Holger, der zwei
Jahre lang fur AXCESS sang und auch viele Songs
schrieb, die im Endeffekt auf "House Of The
Winds" und "Judgement Day"
landeten. Aber AXCESS war eher eine
Hard-Rock-Band im Stile von BLACK SABBATH oder
DEEP PURPLE. Es war mein Projekt und der Name
stand fur mich in Verbindung mit vielen
Fehlschlagen, so dass ich mich beim
Auseinanderbrechen des letzten Line-Ups
entschied, eine neue Band mit neuem Namen zu
grunden. "Dragon Steel" wurde im
lokalen Family-Studio aufgenommen. Es war ein
billiges, schlecht ausgestattetes Studio, aber es
ist uns gelungen ein Resultat zu erzielen, das
uns damals als ziemlicher Erfolg erschien. Auch
heute denke ich, dass wir uns dessen nicht zu
schamen brauchen. Wir haben es in 28 Stunden
eingespielt.
Rudiger:
Hattet ihr uber die Jahre viele
Besetzungswechsel?
Jurgen:
In der Tat. Permanente Line-Up-Wechsel sind eines
der gro?ten Probleme von HOLY DRAGONS. Im Studio
sind normalerweise drei Leute, Chris, unser
Sanger (zunachst Dan, nun Holger) und ich. Ich
muss nicht nur als Gitarrist, sondern auch als
Basser und Schlagzeuger arbeiten. Das ist fur
mich naturlich viel anstrengender als fur einen
echten Drummer, aber wir haben leider keine
wirkliche Alternative. Die ganzen Leute, die wir
angetestet haben, konnten entweder den
technischen Anforderungen nicht gerecht werden,
oder hatten keine Lust, sich mit der Band weiter
zu entwickeln oder genug Zeit fur die Arbeit mit
der Band zu verschwenden. Das hat zu vielen
Problemen gefuhrt. Zuletzt arbeiteten wir mit
Session-Drummer und -Bassist fur die Konzerte,
aber ich glaube nicht, dass dies ein Ausweg ist.
Also suchen wir weiter nach vollwertigen
Mitgliedern, die den technischen Anforderungen
gerecht werden und sich richtig in die Band
einbringen.
Rudiger:
Ihr habt keinen Keyboarder und scheint darauf
auch stolz zu sein. Wieso gehort ein Keyboard
eurer Meinung nach nicht zum richtigen Metal?
DIOs 'Rainbow In The Dark' ist doch auch Metal,
oder?
Jurgen:
Es gibt heute zu viele Metalbands, die so viel
Keyboards benutzen, dass dies das Fehlen von
Keyboards in unserer Band locker kompensiert.
(lacht) Wenn du dir solche Bands anhorst und dann
zwei Minuten lang nur Keyboards zu horen sind,
dann finde ich das einfach enttauschend. Wenn ich
mir so viel Keyboard geben will, dann kauf ich
mir lieber eine CD von AQUA, hehe. Anfangs waren
Keyboards gedacht um Atmosphare und Epik
einzubringen, doch irgendwann wurde das alles zu
viel... nur noch Synthesizer! Ich mag es wie
viele Progbands das Keyboard einsetzen, ich mag
auch die elektrische Orgel von Jon Lord, die
Keyboards auf dem neuesten Album von MASTERPLAN,
das Piano bei VIRGIN STEELE, MANOWAR oder
SAVATAGE. Auch bei DIOs Band sind die Keyboards
super! Aber ich mag es nicht, wenn Bands, die
Metal spielen, weich und sanft klingen wollen und
sich wie ein Chamaleon verhalten.
Wir blasen zum Gegenangriff gegen diese Art von
Heavy Metal. Ich will kein Trademark aus der
Abwesenheit von Keyboards machen und das zur
kommerziellen Devise ausrufen. Dass wir den
"No Keyboards"-Sticker auf der
Ruckseite des Albums haben, war einfach eine
emotionale Entscheidung als Antwort auf den
Keyboard Metal. Wir haben das bei einer anderen
Band gesehen und es hat uns sehr gut gefallen.
Aber auf dem nachsten Album, fur das wir bereits
die Instrumente eingespielt haben und nun die
Gesangsspuren aufnehmen, wird es ein paar
Keyboard-Sounds geben. Damit uns niemand
vorwerfen kann, dass wir mit dem Slogan nur posen
wurden. Diese Keyboards werden aber eher fur
atmospharische Effekte genutzt werden, wie zum
Beispiel die E-Orgel mit dem Overdrive-Effekt
uber 16 Takte. Live werden wir die Keyboardparts
mit Hilfe eines Gitarrensynthesizers spielen, der
auf dem Album auch einige Passagen ubernimmt.
Aber allgemein werden auch auf jenem Album nur
sehr wenige Keys zu horen sein, und meist auch
nur als Effekt, nicht als Grundstein der Musik,
was leider bei vielen Bands an der Tagesordnung
ist.
Rudiger:
Hattet ihr niemals Keyboards, oder ist das eine
neuere Entscheidung, sie wegzulassen?
Jurgen:
Auf "Dragon Steel" hatten wir
Keyboards, aber nur wenige. Als 1999 unser
Keyboarder die Band verlie?, gingen wir in eine
hartere Richtung und beschlossen, das Instrument
rauszunehmen, obwohl auf einigen Songs der
"Judgement Day" noch diverse Keyboards
in den Intros auftauchen.
Rudiger:
Seit 2002 und dem Album "Judgement Day"
steht ihr bei Metalism unter Vertrag. Seither
erschienen dort vier weitere Alben, "Wolki
Odina" ist das insgesamt funfte. Ihr scheint
zufrieden mit der Arbeit des Labels.
Jurgen:
Ich arbeite gerne mit Metalism Records. Es ist
uns gelungen die negativen Momente auszublenden,
denen sich viele Bands ausgesetzt sehen. Bevor
wir bei Metalism unterschrieben, waren wir fast
von einem amerikanischen Label gesignt worden.
Die wollten sich aber in die musikalischen
Belange der Band einmischen, ohne auch nur einen
Cent in uns oder den Vertrag investiert zu haben.
Also haben sie sich ein entschiedenes
"NEIN!" eingefangen. Im Gegensatz dazu
zeigen Metalism Records viel Verstandnis fur uns,
und ich wurde ohne Ubertreibung jeder anderen
Band ein solch gutes Verhaltnis zu ihrem Label
wunschen.
Rudiger:
Es scheint sich ja auch um eines der aktivsten
Label der ehemaligen Sowjetunion zu handeln. Wie
ist denn allgemein die Labelstruktur in den
GUS-Staaten?
Jurgen:
Momentan ist es sogar vielleicht das einzige
Label der GUS, das seine Band wirklich
unterstutzt. Es ist kein reiches Label und bisher
kann es sich vieles nicht leisten, was fur
westeuropaische Labels verfugbar ist. Zum
Beispiel ausgedehnte Promotouren, aber im
Gegensatz zur GUS-internen Konkurrenz hat
Metalism eine sehr aktive Promoabteilung und
verteilt auch viele Promos etc. Die anderen
GUS-Label zeigen mit wenigen Ausnahmen kaum
Interesse an Promoarbeit fur lokale Metalbands.
Sie kummern sich nur um die Verkaufszahlen der
bekannten auslandischen Spitzenbands, von denen
sie Lizenzpressungen verkaufen oder sie
beschaftigen sich mit weiter verbreiteter
Popmusik. Ein Album das komplett fertig gemastert
und designt ist, kann durchaus mal ein ganzes
Jahr auf Halde versauern, wahrend die gro?e Firma
damit beschaftigt ist einige Wagenladungen mit
den CDs irgend eines angesagten Pop-Freaks zu
verschiffen. Die Metal-CD wandert dann direkt in
Resteverkauf.
Im Wesentlichen ist das klassische GUS-Label eine
Firma, die vorwiegend auslandische Kunstler fur
den einheimischen Markt auflegt und lokale
Popstars fordert. Weil bei den CDs dann kein Zoll
und geringere Arbeits-, Produktions- und
Vertriebskosten anfallen, sind sie billiger als
die Importware. Die Bands oder ihr Management
mussen meist selbst fur die Promotion sorgen. Ich
arbeite gerne mit Metalism, weil dieses Label
versucht sich in eine Richtung zu entwickeln, die
weniger in Lizenzpressungen als in die Promotion
der eigenen Bands investiert und dafur auch
richtig arbeitet, wie es die meisten
westeuropaischen Labels tun.
Rudiger:
Es gibt aber nur wenige Bands aus eurer Region,
die einen Vertrag bei einem auslandischen Label
haben. Woran liegt das? Interessieren sich die
westeuropaischen oder amerikanischen Labels nicht
fur eure Szene, oder arbeitet ihr selbst einfach
lieber mit russischen Labels?
Jurgen:
Ehrlich gesagt trifft beides zu. In erster Linie
hat es finanzielle Grunde. Es ist so, dass es fur
Labels nicht besonders ertragreich ist mit Bands
aus unserer Region zu arbeiten, weil die
Transportkosten zu hoch sind, um Promotouren und
dergleichen durchzufuhren. Das wurde dann so viel
kosten wie fur deren Top-Acts. Naturlich ist es
unter diesen Umstanden leichter mit einer
geographisch verfugbareren Band zu arbeiten.
Au?erdem: Europaische Bands kommen auch selten zu
uns. Vor allem aus diesen Grunden senden die
Bands ihre Demos vor allem an russische Labels -
und naturlich an G.U.N., Noise und BMG (lacht).
Wenn dann von denen keine Antwort kommt, dann
machen die Bands den Vertrieb eben selbst.
Rudiger:
Kann ein russisches Label genug Unterstutzung
bieten, um einer Band zum internationalen
Durchbruch zu verhelfen? Es gibt ja oft
Vertriebsprobleme.
Jurgen:
Hier hangt alles mit der Perspektive zusammen,
wie viele Scheiben man vor allem in europaischen
Laden verkaufen kann. In der russischen Szene
gibt es wenig Zirkulation. Die Verkaufe sind
meist geographisch sehr limitiert. Au?erdem gibt
es viele Probleme mit dem Kampf gegen die
Piraterie, die den legalen Handlern und Musikern
das Leben oft sehr schwer macht. In den
entlegenen Regionen kommen die Piraten meist mit
ihren Machenschaften durch, so dass es sehr
schwer ist einen ordentlichen Vertrieb auf die
Beine zu stellen. Nicht nur in Europa (wegen der
burokratischen Hurden), sondern auch hier
au?erhalb einiger gro?er Stadte. Daruber hinaus
sturzen sich die Provinzladen auch lieber gierig
auf den Massenvertrieb von Popmusik oder sie
arbeiten sogar mit den Piraten zusammen. So haben
viele kein gro?es Programm, sondern befriedigen
nur die Nachfrage nach Produkten von Popcorn
Music und Soyz Music oder sie kooperieren mit
SPV, allerdings nur nach dem
Einbahnstra?enprinzip. Soyz vertreibt die
Produkte von SPV, aber nicht umgekehrt.
Wenn unsere Labels es schaffen Vertrage zu
schlie?en, die einen regularen und vollstandigen
Vertrieb von russischen CDs im Ausland
gewahrleistet, so dass unsere CDs weltweit
erhaltlich sind, dann bekommen die Musiker die
Moglichkeit bessere Instrumente zu kaufen und
demzufolge auch qualitativ hoherwertige Produkte
zu liefern, sowie in Europa auf Tour zu gehen.
Der Horer soll entscheiden, was gut ist und was
nicht. Dann sind beide Seiten Gewinner: Die
Labels und die Musiker und vor allem - und das
ist das wichtigste - die Headbanger! Einfach weil
die Musik abwechslungsreicher wird.
Wahrscheinlich wird die Durchmischung der
Kulturen und Traditionen dem Metal einige neue
Trends bescheren. Das ist alles sehr interessant
und kann im Endeffekt nur den Pop-Leuten schaden,
weil neue Musiker ihnen ihren Anteil am Kuchen
streitig machen werden. Wirklich bekannte Bands
werden davon keinen Schaden nehmen. Wenn ich
immer schon IRON MAIDEN gehort habe, werde ich
mir die auch weiter anhoren und ihre CDs kaufen,
auch wenn andere Bands dazukommen, die ich auch
mag.
Rudiger:
Wir reden immer uber Russland, aber ihr seid ja
aus Almaty in Kasachstan. Wie sieht's dort so aus
mit der Metalszene?
Jurgen:
Ja, hier existiert schon eine Metalszene, aber
die ist irgendwie eigenartig. Erstens ist
eigentlich alles Underground. Bands, die ihr
Material auch im Ausland verkaufen konnen, kann
man an einer Hand abzahlen. Zweitens orientieren
sich fast alle aktiven Bands an kommerziellem
amerikanischem Nu Metal oder an brutalen
Stilrichtungen. Bei uns in der Stadt allein gibt
es etwa 30-40 aktive Bands, aber wenn du mich
fragst, wen ich davon empfehlen kann, dann komme
ich meistens in Verlegenheit. Wir haben eine Band
namens NEFORNAT, die gema?igten Death Metal der
alten Schule spielt. Dann haben wir brutale
Bands, die keinen wirklichen metallischen
Hintergrund haben. Fragst du mich nach Heavy und
Prog Metal, nach Power, Speed oder Thrash? Dann
kann ich nur die Augen schlie?en. Wir hatten in
den Achtzigern viele Hard-Rock- und Prog-Bands
und die hatten alle ein sehr hohes Niveau.
TRIUMVIRAT, FORPOST, VIST, TERMINAL, 13,
FEDERATION, ich kann noch weitermachen... Aber so
um 1994-1995 haben die sich alle aufgelost. Der
Grund dafur war, dass das finanzielle System der
ehemaligen UdSSR zusammengebrochen ist und mit
ihm auch die Infrastruktur der Rockclubs. Die
neuen Herren sahen keinen Profit im Veranstalten
von Livekonzerten und dem Anschaffen teurer
Ausstattungen und gaben der Pop-Musik aus der
Konserve den Vorzug. Die Bands hatten keine
Gelegenheit mehr zum Proben und konnten auch
keine Konzerte mehr geben. Sie waren es nicht
gewohnt in Kellern oder Proberaumen zu uben und
vom eigenen Geld Ausrustung zu kaufen und so
haben sie diese Phase nicht uberlebt.
Rudiger:
Ihr kommt ja alle aus Kasachstan, seht aber nicht
gerade wie Kasachen aus. Gehort ihr alle zur
russischen (europaisch-slawischen)
Bevolkerungsgruppe?
Chris:
Richtig! Wir sind keine Kasachen, aber ich bin
auch kein reinrassiger Russe: Ich habe polnische,
ukrainische und russische Wurzeln.
Jurgen:
Ja, das stimmt! Wir leben in einem sehr
multinationalen Land. Hier ist alles so sehr
durchmischt, dass es manchmal schwer ist zu
sagen, wer zu welcher Nationalitat gehort. Ich
selbst bin zur Halfte deutsch und habe auch ein
wenig griechisches, ukrainisches und russisches
Blut in meinen Adern. Die deutsche Gemeinde in
Kasachstan ist ubrigens sehr gro?, obwohl ein
gro?er Teil davon nach Deutschland ausgewandert
ist. Die Gro?mutter unseres Sangers war
Zigeunerin und das spurt man in seiner
Personlichkeit. Die Mitglieder von HOLY DRAGONS
sind zwar alle europaisch-slawischer Abstammung,
aber das hei?t nicht, dass wir Rassisten waren.
Ganz im Gegenteil! Im ersten Line-Up von AXCESS
waren alle au?er mir Kasachen. Ich bin zu der
Uberzeugung gekommen, dass fur Angehorige
orientalischer Volker Familienwerte, Kinder und
Karriere, um fur die Familie zu sorgen, sehr
wichtig sind. Es ist fur sie wichtiger ein
geregeltes Familien- und Berufsleben zu fuhren
als sich der Musik, oder Heavy Metal im
Speziellen, zu widmen.
Rudiger:
Wie fuhlt es sich fur euch als Nicht-Kasachen an,
nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion in einem
unabhangigen Kasachstan zu leben? Gibt es
ethnische oder religiose Spannungen zwischen
Russen und der kasachischen Stammbevolkerung?
Seid ihr voll integriert, oder hat die neue
kasachische Gesellschaft Vorbehalte gegen die
"fruheren Kolonialherren"?
Jurgen:
Es gibt keine gro?en Probleme. Wir sind hier
nicht im Baltikum oder der Ukraine. Es gibt ein
paar interessante Auffalligkeiten. Die erste ist
religioser Art. Wir hatten nie einen
kampferischen Islam oder religiose Fanatiker.
Unser Land ist religios sehr tolerant. Unsere
Moslems haben zwar ihre religiosen Feiertage und
Traditionen, aber niemand bedrangt andere damit.
Wenn du auf der Stra?e eine Frau triffst, die ein
Hidzhab - eine spezielle muslimische Kleidung -
tragt, oder einen Mann in traditionellem
muslimischem Gewand, kannst du dir zu 95% sicher
sein, dass es sich um einen Auslander handelt.
Die Chancen solche Leute in London oder Paris zu
treffen ist viel hoher als hier. Der Glauben ist
hier in uns und au?erliche, demonstrative
Attribute tragen nur Fanatiker und ungebildete
Leute.
Die zweite Sache ist, dass wir viele ethnisch
gemischte Familien haben. Ich habe viele
Bekannte, denen man nicht ansehen kann, zu
welcher Nationalitat sie gehoren, die sind
bereits gemischt-nationaler Abstammung.
Das dritte Element ist die russische Sprache. Sie
ist und wird wohl auch in naherer Zukunft die
"professionelle Sprache" bleiben. Ich
werde das naher erklaren: Wenn jemand im Beruf
das Alltagliche verlasst und sich Informationen
von au?en beschaffen muss, braucht er viele
Quellen um seine Qualifikation zu verbessern. Die
findet man in Buchern oder im Internet, aber es
gibt nur wenige wissenschaftliche Publikationen
in kasachischer Sprache, die dann meist veraltet
sind oder Fehler enthalten. Demgegenuber gibt es
viele Ubersetzungen von wissenschaftlicher und
technischer Literatur ins Russische. Das gilt
auch fur das Internet. Es gibt Seiten in
kasachischer Sprache, aber die enthalten kaum
verwertbare Informationen. Wenn also jemand
beruflich etwas erreichen will, dann muss er
flie?end Russisch und vorzugsweise auch Englisch
und andere europaische Sprachen sprechen. Deshalb
schicken viele Kasachen ihre Kinder gerne in
russische Schulen und behalten Kasachisch nur als
Sprache fur zu Hause. Es gibt aber nun Ma?nahmen
zur Popularisierung des Kasachischen, die aber
noch nicht wirklich greifen.
Es kommt ganz selten auch zu kleine
Zwischenfallen, die sich aber meist als
Streitereien zwischen Nachbarn entpuppen.
Meistens zwischen der Landbevolkerung mit
niedrigem Bildungsstand und wenig Kultur. Aber
meistens ist der Grund fur solche Konflikte zu
viel Bier in Gemeinschaft, und die Tatsache, dass
man die letzte Flasche davon nicht teilen kann,
hehehe.
Chris:
Um ehrlich zu sein, ich vermisse die Sowjetunion
noch immer, wie auch viele andere Leute unserer
Generation. Sie war ein gro?artiges Land und es
ist sehr schade, dass es sie nicht mehr gibt.
Kasachstan ist wirklich ein sehr friedliches,
multikulturelles und multiethnisches Land. Es
gibt hier etwa 100 Volker, die alle friedlich
zusammenleben.
Was das neue, unabhangige Kasachstan angeht, so
gab es hier viele Reformen. Kasachstan versucht
sich okonomisch und politisch so gut wie moglich
als gleichwertiges Mitglied in die
Weltgemeinschaft zu integrieren. Zwischen Russen
und Kasachen gibt es weder religiose noch
ethnische Konflikte und die Angehorigen der
anderen Volker haben auch keine Ressentiments
oder Missstimmungen untereinander.
Rudiger:
Ihr musst als Band sicher ofters mal euer Land
verlassen, um fur Konzerte oder aus
geschaftlichen Grunden nach Russland zu fahren.
Wie sieht es da heute mit der Grenzabfertigung
aus?
Jurgen:
Fruher musste man einen internationalen Reisepass
haben, aber heute reicht der Personalausweis.
Kein Visum, keine Zollerklarungen und auch keine
anderen Dokumente sind notig. Man kann die Grenze
vollig frei passieren so oft man will. Es ist
alles sehr einfach. Es gibt nur Zollkontrollen,
um den Drogenhandel und die illegale Einwanderung
aus China und aus muslimischen Landern
einzudammen. Dummerweise gehen die traditionellen
Drogenpfade aus Afghanistan nach Russland direkt
durch Kasachstan und insofern ist diese Barriere
durchaus berechtigt.
Rudiger:
Ich habe von Bands aus Sudafrika und Namibia
gehort, dass die Metalszene dort fast nur aus
Wei?en besteht, wahrend die Afrikaner nur selten
zu Metalkonzerten kommen. Wie sieht's
diesbezuglich mit den Asiaten und Moslems in
Kasachstan aus?
Jurgen:
Nun, es gibt keine strikte Trennung in der
Offentlichkeit, aber es sind prozentual schon
weniger Kasachen bei einem Metalkonzert. Aber ich
kenne viele Kasachen, die Metal spiel(t)en oder
einfach nur Headbanger sind. Die Ursache liegt
vermutlich in der Familienstruktur, die ich
bereits erwahnt habe.
Rudiger:
Gibt's in euren Nachbarlandern - die oft starker
islamisch gepragt sind - auch eine Metalszene?
Jurgen:
Ich kenne etwa ein Dutzend Bands aus Kirgisien
und ich wei? auch, dass es noch einige
Anfangerbands gibt. Die sind aber alle noch tief
im Underground und gehen mehr in die brutalere
Richtung wie Black oder Death Metal. Au?erdem
gibt es dort ein paar Pop-Rock-Bands.
Usbekistan war fur mich etwa funfzehn Jahre lang
ein verschlossenes Land. Keiner wusste, was dort
vor sich geht. Viele dachten sogar, dass es dort
keine Anzeichen fur eine normale
Zivilgesellschaft mehr gabe und dass alles, was
man zu sehen bekam, nur dazu diente die
Journalisten zu befriedigen. Man hatte den
Eindruck jeder habe das Land schon lange
verlassen und es gabe dort nur noch islamische
Fundamentalisten. Vor kurzem wurde dieser
"eiserne Vorhang" ein wenig geluftet,
und man sah, dass sich trotz dieser allgemeinen
Isolation des Landes noch viele der Menschen dort
an europaischen kulturellen Werten orientieren
und auch viele Bands noch versuchen Musik zu
machen, auch Metal. Aber wegen der schlechten
finanziellen Verhaltnisse in der Bevolkerung kann
sich die Mehrheit dieser Bands leider keine guten
Aufnahmen leisten. Die Leute mussen noch mit
alten Instrumenten spielen, die in der
Sowjetunion oder der Tschechei hergestellt wurden
und heute 20-30 Jahre alt sind. Das ist das
Resultat dieser langjahrigen Isolationspolitik.
Von Turkmenistan und Tadschikistan habe ich
gehort, dass es dort auch einige Bands geben
soll. Manche haben sogar CDs auf russischen
Labels veroffentlicht. Aber es sieht so aus, als
ware es dort sehr schwierig fur die Bands richtig
zu arbeiten. In Tadschikistan wegen der
schlechten Lebensbedingungen und in Turkmenistan
wegen der politischen Umstande, die mich an
Nordkorea erinnern.
Rudiger:
Kennst du YAT-KHA aus Tuwa?
Jurgen:
Ich hab die ein paar mal live gesehen, aber das
ist schon zehn Jahre her.
Rudiger:
Doch nun genug von den geo-musikalischen Fragen
und zuruck zu eurem neuen Album. Es tragt den
Titel "Wolki Odina" - "Die Wolfe
Odins" - und die meisten der Texte
beschaftigen sich mit nordisch-germanischer
Mythologie. Was fasziniert euch an dem Thema? Hat
es damit zu tun, dass die Wikinger den ersten
russischen Staat gegrundet haben?
Jurgen:
Heute gibt es in Russland, der Ukraine und in
Wei?russland eine Menge Bands, die slawischen
Pagan Metal spielen, der manchmal mit
traditionellem Black Metal, seltener auch mit
Power Metal vermischt ist. Vom normalen Pagan
Metal unterscheidet er sich dadurch, dass sie
viele alte slawische Melodien nutzen und sich
einem anderen Gotterpantheon widmen, das
allerdings dem germanischen Pantheon sehr ahnlich
ist. Mir liegt das Nordeuropaische einfach mehr,
aber ich mag auch das slawische Heidentum. Das
ist wohl "die Stimme des Blutes". Ich
wurde mich nicht zu den altglaubigen Heiden
zahlen, aber ich stehe dem nahe und ich mag es
einfach. Auf dem Album, das wir gerade aufnehmen,
widme ich mich dem Heidentum der Turkvolker, das
ich auch sehr interessant finde. Das Thema der
Gotter der alten Griechen und Romer hingegen, dem
sich viele nordamerikanische Bands widmen,
fasziniert mich nicht so sehr.
Chris:
Nun, ich mochte die Geschichten der Wikinger und
die skandinavisch-germanische Mythologie und
Folklore immer schon sehr gerne. Sie uben eine
Anziehung auf mich aus. Ich wei? nicht warum,
vielleicht hab ich das auch im Blut? Wer wei??
Rudiger:
Bei 'The Light Of Fires' redet ihr von einem
"gro?en steinernen Idol mit dem Gesicht
eines franzosischen Madchens, das die Welt mit
seinen steinernen Fu?en unterdruckt". Das
durfte wohl die Freiheitsstatue sein, nicht wahr?
Ist das ein politisches Statement hinsichtlich
des "Krieges gegen den Terror"?
Chris:
Du hast es erfasst! Wir haben mit diesem Song in
der Tat die Freiheitsstatue gemeint. Aber es geht
uns nicht nur um den Krieg gegen den Terror, den
Herr Bush erklart hat. Es betrifft die Rolle als
"Weltpolizei", welche die USA versuchen
zu spielen und dabei versuchen der ganzen Welt
vorzuschreiben, wie sie zu leben hat. Die Macht
des Dollars und seiner Diener, die Wall
Street-Kassierer und die Tatsache, dass dies
alles unsere Seelen zerstort. Was werden wir den
kommenden Generationen hinterlassen? Nur die
lodernden Flammen unserer Kriege, unserer
religiosen und nationalen Konflikte?
Jurgen:
Das ist richtig. Es war sehr seltsam anzuschauen,
wie in vielen Landern, die sich demokratisch
nennen, Tausende von Leuten mit
Antikriegsplakaten auf der Stra?e standen, und
die von ihnen gewahlten Regierungen deren Meinung
komplett ignorierten. Die Interessen
internationaler Gro?konzerne haben sie dabei aber
nie aus den Augen verloren. Bush ist nur eine
Marionette in den Handen der Wirtschaftsbosse und
alles wurde so hingedreht, dass die amerikanische
Kriegsmaschinerie am Ende fur die Interessen
einiger Privatleute kampft. Wenn es keine
Terroristen gabe, dann mussten sie erfunden
werden, um einigen Politikern all die Freiheiten
zu geben, die sie haben wollen. Ich glaube
wirklich, dass wir den Terrorismus besiegen
mussen und ich halte auch Operationen fur
richtig, welche die Amerikaner gegen den
Terrorismus richten, wie dies in Afghanistan
geschehen ist. Aber wenn Regierungen unter dem
Deckmantel der Demokratisierung den Willen des
Volkes ignorieren, dann ist das nicht akzeptabel.
Zu viele Opfer, zu viel Blut! Wenn die
"Falken" jener Logik der
Terrorismusbekampfung folgen, dann mussten sie ja
auch gewisse Bezirke in London, Paris oder
Marseille bombardieren. Du verstehst mich schon
richtig: Das ware naturlich lacherlich! Das
erinnert mich irgendwie and die alte Geschichte
aus Texas, wo die guten Jungs den bosen Jungs
immer eine Lektion erteilen, und die guten Jungs
immer die mit den gro?eren Kanonen sind! (lacht)
Rudiger:
Viele der Texte behandeln ja die Wikingerthematik
einerseits und einen Fantasyaspekt andererseits,
aber alles hat mit Kriegern und Helden,
Schlachten, Mut und Ehre zu tun, sowie mit dem
Stolz auf den Heavy Metal. Das ist gewisserma?en
die "MANOWAR-Art". Mogt ihr das
Klischee?
Chris:
Erstens gibt's nicht viele Songs in russischer
Sprache, die wirklich dem Heavy Metal gewidmet
sind und zweitens juckt es mich nicht, was die
Kritiker sagen. Ich mag dieses Thema einfach und
ich singe gerne uber das was ich mag. Ob das den
Kritikern passt oder nicht ist ihr Problem. Ja,
MANOWAR haben damit angefangen und jeder hat das
Recht, diese Tradition fortzufuhren. Au?erdem
horen viele Metalheads gerne Songs uber den
Metal. Sie geben ihnen das Gefuhl nicht allein zu
sein und zu einer gro?en, ehrenhaften
Gemeinschaft zu gehoren. Das ist gro?artig!
Rudiger:
Ihr benutzt schnelle, melodische Gitarren, aber
ihr verzichtet bekannterma?en auf die Keyboards
und su?lichen Gesang in den hochsten Spharen.
Holger singt sehr kraftvoll und aggressiv. Wollt
ihr euch damit von den ganzen typischen
europaischen Melodic/Power-Metal-Bands wie etwa
RHAPSODY, STRATOVARIUS, FREEDOM CALL, SONATA
ARCTICA oder EDGUY abgrenzen?
Jurgen:
Diese Bands sind einfach nicht mein Fall. Mir
stehen GAMMA RAY zu "Land Of The
Free"-Zeiten, die alten RAGE oder IRON
SAVIOUR, JUDAS PRIEST mit "Painkiller"
oder sagen wir Chris Impellitteri viel naher. Ich
mag kraftvolle, aggressive Musik und ich stehe
nicht besonders auf gebrochene Rhythmik, ehrlich
gesagt mag ich das uberhaupt nicht. Als RHAPSODY
anfingen, horte ich sie sehr gerne an, aber als
Hunderte ihrer Klone auftauchten, hat das die
Musik irgendwie zerstort. Gerade im GUS-Gebiet
(besonders in Russland und der Ukraine)
orientieren sich bedauerlicherweise die meisten
Power-Metal-Bands and RHAPSODY und LABYRINTH.
Lediglich die Veteranen wie ARIA oder andere
Bands, die in Mitte der Achtziger gegrundet
wurden, spielen noch wirklichen Heavy Metal
(manchmal auch mit Thrash-Einflussen), aber
keinen Power Metal im eigentlichen Sinn.
Rudiger:
Was sind eure gro?ten musikalischen Einflusse
seit eurer Jugend?
Jurgen:
Ich wurde stark von den alten Hard-Rock-Bands
beeinflusst: DEEP PURPLE, LED ZEPPELIN, RAINBOW,
BLACK SABBATH. Andere Einflusse wie PINK FLOYD
sind sicher schwer nachzuvollziehen, wenn man ein
Album wie "Wolves Of Odin" gehort hat.
Au?erdem haben mich ANNIHILATOR, MEGADETH oder
METAL CHURCH gepragt, doch mein gro?ter
personlicher Einfluss ist alles, was mit IRON
MAIDEN und Ritchie Blackmore zu tun hat.
Blackmore hat mir als Gitarrist viel gegeben. Ich
habe meinen Gitarrenstil durch das Spielen seiner
Riffs und Soli entwickelt. Spater waren es dann
JUDAS PRIEST, MANOWAR, HELLOWEEN, GAMMA RAY und
BLIND GUARDIAN und au?erdem bin ich seit fast
zwanzig Jahren DIO-Fan!
Rudiger:
Woher kommen die russisch-folkloristischen
Melodielinien, die ofters in eurer Musik
auftauchen?
Jurgen:
Die folkloristischen Melodiebogen? Hmm, daruber
hab ich nie wirklich nachgedacht. Ich hore viel
Folkmusik, aber das ist meist Irish Folk wie Dave
Spillian, oder Musiker die am Rande des Folk
anzusiedeln sind, wie Mike Oldfield. Ich denke,
wir haben das zum gro?ten Teil von IRON MAIDEN.
Mir ist da namlich ein interessantes Detail
aufgefallen: Auf "Killers" (ich bete
dieses MAIDEN-Album einfach an!) gibt's ja den
Song 'Ghengis Khan'. Nun, das ist eine typische
Melodie aus der kasachischen Folklore. Ich wei?
nur nicht, woher sie diese Melodie kannten. Ich
finde es sehr schade, dass in all den Jahren, die
ich jetzt mit Musikern hier verbracht habe, keine
einzige kasachische Band etwas in dieser Art
ausprobiert hat. Das sollten wir schnellstens
verbessern. Auf dem neuen Album, fur das wir
gerade den Gesang aufnehmen, gibt es einen
solchen Song. Wir haben allerdings auch keltische
Melodien verwandt. Der Song wurde nach dem Namen
des alten Turk-Gottes 'Tengry' benannt.
Rudiger:
Wenn ich eure Musik so anhore, dann fallt auf,
dass ihr sicher auch sehr gerne traditionellen
deutschen Metal hort...
Jurgen:
Das stimmt! Die Mehrheit unserer Lieblingsbands
kommt aus Deutschland. Wenn wir ganz vorne
anfangen, dann sind es naturlich die SCORPIONS.
Eine Band, die hier in den GUS-Staaten immer
popularer war als BON JOVI, GUNS'N'ROSES und KISS
zusammen. Sie waren hier immer absolute Megastars
und ich glaube immer noch, dass sie in den
Siebzigern und Achtzigern gro?artige Alben
gemacht haben, denen die moderne
Power-Metal-Szene sehr viel verdankt. Au?erdem
sollten wir Ausnahmegitarristen wie Uli Jon Roth
und Michael Schenker nicht vergessen. Wenn wir
uns den harteren Stilen zuwenden, dann ist meine
"Nummer 1" HELLOWEEN zu Hansen-Zeiten
und naturlich GAMMA RAY. Ich mag zwar auch, was
HELLOWEEN heute machen, aber Hansen-HELLOWEEN ist
mir immer noch lieber. Dann kommen BLIND
GUARDIAN, ihre alten Alben waren ein gro?er
Einfluss fur unsere Band, und dazu noch RAGE,
SINNER, SCANNER, HEAVENS GATE. Au?erdem hore ich
auch gerne alten deutschen Art Rock wie ELOY,
TANGERINE DREAM und andere Krautrocker wie AMON
DUUL, CAN oder GURU GURU. Das sind zwar sehr alte
Bands, aber sie sind immer noch sehr
inspirierend. AXXIS hore ich auch manchmal sehr
gerne, und naturlich muss ich auch Klassiker wie
ACCEPT und RUNNING WILD nennen. Als Gitarrist mag
ich naturlich vor allem Wolf Hoffmann. Zuletzt
fallen mir noch IRON SAVIOUR, PRIMAL FEAR,
PARAGON, WIZARD und naturlich MASTERPLAN ein, die
meinen Player in diesem Monat blockiert haben. In
Deutschland gibt es eine Unmenge metallisch
korrekter Band und ich halte Deutschland fur das
Heavy-Metal-Konigreich schlechthin, obwohl ich
auch viele alte britische und amerikanische Bands
und dazu neuere schwedische Truppen sehr mag. Die
letzteren sind mir allerdings manchmal ein
bisschen zu sehr uberproduziert.
Rudiger:
Wenn wir bei deutschen Metalbands und der
fruheren Sowjetunion sind, dann drangt sich
naturlich die Frage nach U.D.O. und ACCEPT auf.
Udo Dirkschneider scheint einer der wenigen
westlichen "Stars" zu sein, dem seine
Fans im Osten wirklich sehr viel bedeuten... Wie
seht ihr Udo und seine Bands, sowie deren
Verhaltnis zum ost-eurasischen Raum?
Jurgen:
U.D.O. und ACCEPT waren hier immer Stars auf dem
gleichen Level wie METALLICA, AC/DC, DEEP PURPLE
und die SCORPIONS. Vor funfzehn bis zwanzig
Jahren zierten die Logos dieser Bands alle Zaune
und Schulbanke. Sogar die artigsten Schuler (zu
denen ich glucklicherweise nicht gehorte) malten
sie auf die Umschlage ihrer Hefte. Heute sind es
meistens Rap-Graffitis... Ich hab U.D.O. 1998
live hier in Almaty gesehen. Die gro?te
Konzerthalle der Stadt war mit 5000 Leuten
gerappelt voll. Gro?artiger Sound, toller
Auftritt. Kurz vor U.D.O. hatten wir NAZARETH
hier, und der Sound war furchterlich. Hier denken
immer noch viele Leute, dass deutscher Metal eben
"U.D.O. und ein bisschen RUNNING WILD"
ist. Die haben noch nie von HELLOWEEN gehort, was
manchem sicher lacherlich erscheinen durfte.
Rudiger:
Wie sieht's bei euch auf dem Livesektor aus?
Jurgen:
Momentan spielen wir kaum Konzerte. Vor allem,
weil wir gerade Line-Up-Probleme haben - kein
Basser und kein Trommler - und au?erdem auch aus
finanziellen Grunden. Wir bekommen die ganze Zeit
Angebote in verschiedenen Teilen der Welt zu
spielen, aber wenn die Veranstalter mitkriegen
wie teuer es ist, die Band herbeizuschaffen, dann
verpufft all ihr Enthusiasmus. Wir lachen
inzwischen daruber, dass wir eine sehr teure Band
sind, die aber nichts davon hat. Um aufzutreten,
mussten wir eine sehr bekannte Band werden, fur
welche die Booker gerne mal die Tickets zahlen
wurden.
Rudiger:
Was habt ihr gerade fur Zukunftsplane?
Chris:
Nun, aus genannten Grunden haben wir erstmal
keine konkreten Tourplane. Wenn wir die
Schwierigkeiten jedoch uberwinden sollten und
jemand von einem Festival Interesse daran au?ert,
eine Band aus Zentralasien einzuladen, dann sind
wir definitiv dabei.
Rudiger:
Au?erdem stehen noch zwei
Wiederveroffentlichungen an. Zunachst eine neue
Version von "Twilight of The Gods" mit
neuem Cover und remastert. Wart ihr mit dem
Original nicht zufrieden?
Jurgen:
Es ist so, dass die ersten beiden Pressungen von
Metalism gemeinsam mit Soyz gemacht wurden. Soyz
ist das gro?te GUS-Label und veroffentlicht viel
Popmusik und vertreibt Lizenzpressungen
westlicher Metalbands, hat aber kein Interesse
daran mit den Metalbands zusammenzuarbeiten,
au?er mit jenen, die auf den Covers von Metal
Hammer, Rock Hard und Kerrang stehen. Als die
Erstauflage ausverkauft war, beschlossen wir,
nicht mehr mit dieser tollpatschigen Industrie zu
kooperieren und stiegen komplett auf Metalism um.
Eins noch: Die ersten Auflagen wurden ziemlich
hastig zusammengeschustert und wir waren mit dem
Design unzufrieden. Da wir uns statt fur eine
Neuauflage fur eine richtige
Wiederveroffentlichung entschieden haben, wollten
wir zusammen mit Metalism auch ein Remastering
durchziehen. Der Sound wird sich nicht radikal
verandern, also keine Sorge deswegen. Es wird nur
noch ein bisschen angenehmer klingen.
Rudiger:
Dann kommt auch eine Neuauflage eures Debuts
"Dragon Steel", das bisher nur als
Eigenpressung verfugbar war. Es wird allerdings
englische Texte haben. Warum, wo doch alle eure
anderen Scheiben auf Russisch gesungen werden?
Jurgen:
Das liegt an den Texten. Es ist schwierig zu
erklaren, wenn man kein Russisch versteht, aber
ich versuch es mal. Wenn wir ein und den selben
Satz auf Russisch und auf Englisch formulieren,
dann ist die russische Variante ein wenig langer.
Ursprunglich wurden die Texte auf Englisch
verfasst und es waren meist kurze Satze. Als wir
die dann ins Russische ubersetzten, mussten wir
sie vereinfachen und so waren sie am Ende
ziemlich primitiv. Bei "Thunder In The
Night" und "House Of The Winds"
ist es uns gelungen, die Texte zu ubersetzen und
so haben diese Alben etwas langere Formulierungen
als "Dragon Steel", aber auch hier sind
die russischen Texte etwas schwacher als die
englischen. Nachdem wir viele Versionen
ausprobiert haben, haben wir die Idee verworfen.
Heute machen wir unsere zweisprachigen Songs
gunstigerweise zuerst auf Russisch, damit wir in
der englischen Version genug Platz haben, unsere
Gedanken zu entwickeln.
Rudiger:
Die russischen Lyrics machen eure Band irgendwie
speziell. Ich hoffe also nicht, dass ihr
irgendwann mal komplett auf Englisch umsteigt.
Jurgen:
Nein, davor brauchst du keine Angst zu haben. Wir
planen aber in Zukunft von jedem Album zwei
Versionen zu machen: Eine englische und eine
russische.
Rudiger:
Oha, das konnte teuer werden... Das war's
erstmal. Wollt ihr sonst noch was los werden?
Chris/Jurgen:_
Um die Sache zu kronen, wollen wir uns mit einem
kleinen Zitat verabschieden:
"Feel the power of the steel - We will get
the score - We were born to fight and win - This
Glory War!"
(HOLY DRAGONs "Glory War" –
"Thunder in the Night")
Stay Metal and all the best!
Rudiger Stehle
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ÇÀÊÀÇ
ÄÈÑÊÎÂ 
Çäåñü
âû ìîæåòå çàêàçàòü ëþáûå
àëüáîìû ãðóïïû HOLY DRAGONS
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Äàòà
ïîñëåäíåãî îáíîâëåíèÿ
ñòðàíèöû:
26.11.05

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