Hafenbahn


Die Hafenbahn in Offenbach ist neben der Batschkapp in Frankfurt wohl der bekannteste Metal-Schuppen im Frankfurter Raum und fast jeder Metaller aus der Gegend wird den Laden sicherlich schon einmal besucht haben. Da wir mit dem Heft ja hauptsächlich auf diese Region eingehen wollen, bot sich ein Interview mit den Betreibern der Hafenbahn geradezu an. Am Tag nach dem Overkill/Annihilator-Konzert trafen wir uns mit Klaus und dem später dazukommenden Dominik um ein wenig über die Geschichte des Ladens und das Hafenbahnpublikum zu plaudern.

Es gibt ja den Verein Hafenbahn e.V. Inwiefern hängt der mit dem Laden hier zusammen?

Klaus: Ja, ein Verein zur Förderung der Rockmusik und wir sind offiziell von der Stadt Offenbach als Kulturträger anerkannt.Wir kriegen also im Prinzip das, was andere Vereine auch haben.Vor der Hafenbahn waren wir im F63 in der Frankfurter Straße in einem kleinen Kellerclub, und da war das im Prinzip ein Zusammenschluß von Metal-Fans, die das halt mal so spaßhalber gemacht haben.

Wie lang ist das schon her, also wann hat das alles angefangen?

K: Ach, seit 1995 sind wir hier, und das andere war von 1990-1995. Da ging das dann halt los. Im F63 haben IQ ihre erste Deutschlandtour drin gespielt. Die Onkelz haben da gespielt, also da haben sie natürlich noch nicht in der Festhalle gespielt, da gabs gerade mal die ersten CDs von denen. Und da war das halt ganz praktisch mit dem Verein, von der Haftung her, war das ideal. Jetzt, wo das hier so groß aufgegangen ist, müssen wir halt damit zurechtkommen, daß wir ein Verein sind. Im Verein gibt es keine Arbeitsverpflichtung für die Mitglieder. Manche sind professionell und ziehen den Dienst durch, bis zum Schluß, andere sagen "Pff, ich muss morgen früh raus." und gehen um 22:00 wieder. Wenn du auf einem Konzert um zehn gehst, da spielt noch nicht mal der Headliner. Da hast du 800 Leute im Saal und die Theke wird zugemacht, das geht ja auch nicht.

Ich hab in der Dankesliste von Grave Digger-CDs gesehen, daß der Stefan Arnold euch immer Grüße schickt. Ist der auch bei euch Mitglied oder ist das eine Freundschaft?

K: Der kommt öfters her. Die Credits sind da mehr als kleiner Dank an die Clubs anzusehen.Die Bands wissen genau was vor 5 oder 6 Jahren in der Metal-Szene los war, nämlich gar nix und das ist auch der Grund, warum wir die großen Acts hier spielen haben. Wenn du dir mal unten die Halle anguckst und die ganze Umgebung hier, dann fragst du dich, warum die ganzen Bands, die in wasweißich für großen Hallen gespielt haben, hierher gereist kommen. Aber die haben halt hier gespielt, als sie kaum einer hören wollte. Wir haben jetzt eine Touranfrage von Iced Earth für den Herbst, die sollten eigentlich in größeren Hallen spielen, aber die spielen hier in Offenbach oder gar nicht... das war mit Overkill genaudasselbe.

Bei uns fällt das jetzt nur auf, weil wir die Batschkapp so unmittelbar nahe haben, aber generell ist metal-mäßig sehr wenig los in Deutschland. Es ist jetzt wirklich nur hier, Hafenbahn und Batschkapp. Aber fahr mal runter nach Stuttgart, da hast du die Röhre in Stuttgart und dann fährst du wieder 100km bis du im nächsten Metal-Club bist. Deswegen touren die Bands auch genausolang wie Dancefloor-Acts, aber in der Zeit bereisen die Metal-Acts ganz Europa, während die anderen vielleicht 30 Acts in Deutschland spielen.

Wie wird man denn bei euch Mitglied, gibts da irgendeine Bestimmung?

K: Eigentlich nicht, wir setzen halt voraus, daß die Leute zum Arbeiten kommen. In dem Verein gibts wirklich nur Arbeit und keinen Dank, das ist ganz krass. Dadurch, daß wir fast jedes Wochenende ein Konzert haben, kommen wir wirklich nur zu bestimmten Sommermonaten, wo keine Tourneen stattfinden, dazu den Laden mal zuzumachen. Aber Aufnahmekriterien in dem Sinne haben wir nicht, du musst halt volljährig sein, und wenn nicht, müssen die Eltern unterschreiben. Und das ist dann das, wo's Probleme gibt, die unterschreiben das nicht so ohne weiteres, wenn sie mal hier drin waren. Wir haben viel mit Vorurteilen zu kämpfen. Wir sind nun mal kein Gesangsverein oder Kegelverein, wir haben halt wirklich nur den Vereinszweck, da unten laute und brutale Konzerte abzuhalten. Der Parkplatz am Mainufer zum Beispiel, denn haben wir praktisch geerbt, nachdem das Theater da zugemacht hat und wenn im Capitol eine Veranstaltung ist, dann nutzen die den Parkplatz auch. Wenn dann da unten Dreck ist, obwohl wir seit Monaten nix gemacht haben: "Geht mal da runter, räumt euren Parkplatz auf!". Das ist wohl diskriminierend, ich will mich nicht beschweren bei der Stadt Offenbach, allein daß wir das Haus für ein Apfel und ein Ei mieten können, also der Mietpreis steht in keinem Verhältnis zur Quadratmeterzahl.

(In dem Moment betritt Dominik den Raum)

K: Setz dich, du wirst jetzt interviewt. Es tut nicht weh.

Du hast jetzt gesagt, daß im Sommer immer so ein paar Monate sind, wo die Bands nicht touren. Bietet ihr dann was anderes an, oder ist der Laden dann geschlossen?

K: Also wir nutzen die Sommermonate auch dazu, um hier Gebäudeinstandhaltung und sowas zu machen. Weil wenn du in unseren Plan guckst, da sind ja oft Konzerte. Und wenn du jetzt ein kaputtes Teil hast, dann kannst du das nicht in der Woche mal kurz machen, weil unsere Mitglieder ja auch noch arbeiten gehen. Also nutzen wir die Sommermonate, wo wir 3 oder 4 Wochen am Stück freihaben. Wo du nicht darauf angewiesen bist, am nächsten Freitag wieder alles fertig zu haben.

Für wieviele Leute ist der Laden hier eigentlich zugelassen?

Dominik: 900 offiziell, aber ab 800 machen wir dicht. Gestern waren bei Overkill 800 da und es wurden auch schon Meinungen geäußert, daß es nicht mehr schön war.
K: Das ist auch die Bruttokapazität, also soviele Leute sind drin, inklusive Gästeliste, Pressevertreter usw. Weil Bands wie Overkill haben natürlich eine riesige Gästeliste.
D: Die Leute haben natürlich auch Ausweichmöglichkeiten in die Kneipe rein. Also, es geht, es wollen die Leute ja auch rein, aber...
K: Wir planen auch jetzt den Kneipenabend auszubauen, so daß die Metal-Fans halt einen Laden haben, wo sie hingehen können, wo ihre Musik läuft. Das ist ja sehr selten heutzutage. Jede Disco hat einen Rockabend, da läuft dann Bryan Adams und nach 0:00 läuft mal was von AC/DC oder Metallica, aber wenn du auf Black Metal stehst, oder auf Iced Earth - die halt nicht bekannt sind, die nicht in den Charts sind: Wo gehst du denn dann hin?

Wie läuft denn die Buchung einer Band ab?

D: Also wir kriegen von der Agentur das Angebot unterbreitet, die fragen nach einem Termin, dann wird hin- und hertelefoniert, auf einen Termin geeinigt, dann die Konditionen geeinigt, was die Bands brauchen, was sie an Geld bekommen, Gage und sowas. Und dann, wenn die Einigung steht, werden die Verträge verfaßt, wird das Promomaterial, also die Plakate, geschickt, die werden dann ausgehängt, die Sachen werden an die Zeitung verteilt, mit mehr oder weniger Erfolg *lacht*.
K: Wir haben halt Agenturen, mit denen wir gut zusammenarbeiten, und Agenturen, mit denen man nur ab und zu mal was macht. Dann ist das eigentlich eine Sache von einem Telefonat. Du schickst ihm den Termin zu, er plant die Tour und meint dann "Ja, das ist schon in Ordnung so." Und dann gibts halt auch Sachen, wo die Bands sagen, daß sie hier spielen wollen, weil sie halt schon mal hier waren, weil das Essen gut geschmeckt hat oder weil die Stimmung eben gut war. Dann kommt die Agentur schon automatisch auf dich zu. Die haben hier in der Gegend auch nicht viele Alternativen.

Ihr macht das jetzt ja schon seit 1995 und habt schon eine ganze Menge Bands dagehabt. Mit welchen Bands habt ihr denn wirklich gute Erfahrungen gemacht und mit welchen Bands eher negative?

D: Gut benommen haben sich eigentlich die meisten, also ich sag mal 95%
K: Oder 99%, das eine Prozent *lacht*
D: das eine Prozent ist die eine Band... *lacht*
K: Aber von denen sag ich den Namen jetzt nicht.
D: Die Bands haben es auch nicht nötig, sich hier aufzuspielen... kommt halt ab und zu mal vor, das ist dann das eine Prozent und die werden dann hier meistens mit den Tatsachen konfrontiert. Also wir hatten hier schon ein Beispiel, da hat sich eine Band wirklich ganz böse benommen, den Soundcheck in die Länge getrieben, sich gegenüber den Support-Bands sehr schlecht benommen und dann haben sie einen Dämpfer bekommen, gesehen was möglich ist, und was nicht, und als sie beim zweiten Mal hier waren waren die geschissen freundlich.

Wie war das jetzt bei den Nuclear Blast-Festivals '99, als Kovenant hier gespielt haben? Ich hab den Sänger von denen gesehen und hab auch gedacht, der ist doch nicht mehr ganz dicht. Wie war der so backstage?

D: Der Sänger von denen? Ungeschminkt *lacht* Ganz normal Das sind Riesenunterschiede zwischen dem, was sie auf der Bühne darstellen. Also die meisten Leute sind ganz normal.
K: Es gibt so im Black Metal-Bereich so Bands, die leben das wirklich, was sie darstellen, und dann gibts Bands, die sitzen bis um halb acht mit Schlappen und kurzer Hose im Backstage-Raum, und dann ziehen sie sich das Lederzeug an, machen 45 Minuten Show und dann gehen sie wieder raus und zählen das Geld. Wie in jedem andere Job also auch gibts Leute, die es mehr oder weniger ernsthaft machen und die Erfahrung ist halt, daß die Bands, die es nur für die Show machen, mehr Geld haben.

Sind euch mit Bands schon mal irgendwelche zum Brüllen komische Sachen passieren?

K: Da passiert bei jedem Konzert irgendwas. Einmal ist eine Box abgebrannt. Da hat einer Feuer gespuckt und hat die Box abgebrannt.
D: Das war erst kürzlich, da hat einer gemeint, er müsste großartige Show machen. Das ist sowieso immerbei den Nachwuchsbands, die müssen ganz dick auftragen, die schauen sich bei großen Shows was ab, und müssen das nachmachen. Und dabei ist es halt passiert, daß einer Feuer gespuckt hat, und es ging total daneben und auf einmal hat die Box gebrannt.
K: Sonst ist eigentlich nix. Die Bühne hat bis jetzt immer gehalten. Das Licht ist auch noch nicht runtergefallen.
D: Doch einmal.
K: Ja einmal, aber das war nicht bei einer Show.

Wie beurteilt ihr denn euer Publikum? Ich hab hier also noch nie eine Schlägerei oder so was mitbekommen.

D: Es ist immer friedlich. Gestern war halt etwas, das war aber keine Schlägerei, da hat sich nur jemand merkwürdig aufgeführt und da mussten wir halt zur Sicherung die Polizei rufen.
K: Also wenn jemand mit einer Videokamera reinkommt... Nicht mal die Presse darf hier filmen. Und der war halt mit so einer digitalen Videokamera da.
D: Das war ja nicht mal das Problem, das was ich jetzt mein, da war halt einer und hat uns eine Toilette kaputtgemacht und da war dann die Polizei da, um sich das anzugucken. Und da haben halt die Leute von der Polizei selber gemeint, sie waren noch nie hier drin, weil einfach noch nie etwas vorgekommen ist. In all der Zeit wars im Prinzip noch nie nötig, die Polizei zu rufen.
K: Also einmal haben wir schon die Polizei gerufen, das war so, daß einer halt hackedicht rausgekommen ist und einfach nur aus Langeweile bei einem Auto den Spiegel abgetreten und eine Scheibe eingeschlagen hat. So im Vorbeigehen. Nur in dem Auto haben gerad vier Leute gesessen, die beim Knutschen waren, und die haben den Kerl sofort geschnappt. Und da hab ich gesagt "Bevor dem jetzt irgendwer aufs Maul haut und sich mehr strafbar macht, als die kaputte Scheibe wert ist, holen wir die Polizei. Sollen die das regeln." Aber das kann dir auch vor jeder normalen Wirtschaft passieren, vor jeder Disco. Aber direkt was mit einem Konzert zu tun hatte, wirklich nicht.
D: Es hat halt keiner nötig, sich zu beweisen, die wollen alle nur ihre Musik hören und das wars.
K: Was uns halt auch von einer Disco unterscheidet, ist daß die Leute, die hierherkommen genau wissen, was hier abgeht und auch deswegen kommen. Da ist also keiner dabei, dem das nicht gefällt. In einer Disco hast du immer das Problem, da sind irgendwelche Leute drin, die halt nicht mal auf Discomusik stehen, die halt irgendwohin wollen und dann gehen sie in eine Disco. Und da gibts dann auch Reibereien und das gibts bei uns nicht. Hier hast du nur Gleichgesinnte, da gibts auch keinen Krach.
Was es halt mal gibt, ist beim Pogen wenn der eine sagt "Ich hab ein bisschen heftiger gepogt." und der andere meint "Du hast dich ja gekloppt." Aber ich sag mal, wer sich bei so einem Konzert in die erste Reihe stellt, der darf sich auch nicht wundern, wenn er anschließend blaue Flecken hat. Wenn du dir das Konzert friedlich angucken willst, wirst du dich ja nicht in die erste Reihe stellen, wärst du ja bekloppt.
D: Das man nicht stagediven soll ist ja eigentlich allgemein bekannt. Daß man sich da wehtut, daß das gefährlich ist und Equipment beschädigen könnte, das dann mehrere Monatsgehälter übersteigt, das sollte eigentlich jedem klar sein, nur es kommt halt immer wieder vor. Und dafür sind die Ordner da und das wird dann auch erledigt.

Wollt ihr unseren Lesern zum Abschluß noch irgendwas sagen?

D: Daß sie kommen sollen *lacht*

Hört auf den Mann, er ist weise :)

-Interview von Christian